Ich toure wieder hoch. Noch verhalten und nicht stabil, aber es erinnert nur noch wenig an das angststarre, verheulte, zitternde Wesen, das ich vor einem Monat war.
Mein morgendlicher Lauf durch den Park erinnerte mich an Weihnachten vor 4 Jahren. So viel Spaß im Schnee möchte ich gern wieder einmal haben. Da ich mittlerweile auch wieder ein Gefühl für die Zukunft bekomme, ist das gar nicht mehr so fern, unerreichbar und abwegig.
Sicher werden Rückschläge kommen. Schließlich verkrieche ich mich hier. Die Welt draußen sieht anders aus. Ein paar Entscheidungen sind reif, zum Teil sind sie auch schon vorausgedacht und ich wollte mich nicht in einem völlig desolaten Zustand positionieren. Jetzt geht es bald darum, stark genug für die Verwirklichung zu sein. Ein Freund sagte vor ein paar Tagen zu mir: „Du hast nichts zu verlieren und damit bist du frei.“ – Er hat recht. Wobei ich weiß, daß Freiheit nicht immer bequem ist.
Nun zurück zu Realität. Morgen beginnt der erste Härtetest. Das zweite Bett in meinem Zimmer wird wieder belegt. Das sollte eigentlich heute schon passieren, aber dann verschob es sich um einen Tag.
Ich bin gespannt, wie ich reagiere. Hoffentlich ist sie nur depressiv, denn mit Psychotikern kann ich garnicht. (So ein armes Mädel ist hier. Sie steht immer in einem unsichtbaren Lehrerzimmer und rechtfertigt sich. Morgens fragt sie als erstes, ob die Welt auch nicht untergegangen ist und ihre Eltern noch leben.) Aber schlimmer als die aufmerksamkeitsheischende Heulboje kann kaum jemand sein. Btw. die alte Dame läßt sich jetzt draußen in den Aufenthaltsräumen trösten, nachdem sie eine zweite alte Dame ins Zimmer bekommen hat, die komplett echolos ist und immer nur den Kopf schüttelt und sagt: „Weiss nicht, kann ich nicht, was soll ich denn nun machen…“